Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Ratskolleginnen und Kollegen,
liebe Gäste,
die sieben Phasen eines Projektes sind bekannt:
1. Begeisterung
2. Verwirrung
3. Ernüchterung
4. Suche nach dem Schuldigen
5. Bestrafung eines Unschuldigen
6. Auszeichnung eines Nichtbeteiligten
7. Rückkehr zum altbewährten System
Auch nach dem Abschluss des Umbaus des hiesigen A-Gebäudes als Verwaltungssitz gibt es noch große Projekte in Korschenbroich, die für uns und die Stadt eine erhebliche finanzielle Bedeutung haben.
Vorrangig sind dies die geplante Gründung der Stadtwerke und der Neubau des städtischen Bauhofs.
Um chronologisch vorzugehen, beginne ich mit dem Bauhof:
Phase 1 (wir erinnern uns: Begeisterung) begann am 10.Dezember 2008. An diesem Tag schlossen unser Bürgermeister und der Bürgermeister der Stadt Kaarst einen Vertrag mit einer Beratungsfirma. Ziel dieser Vereinbarung war die mögliche Zusammenlegung und Kooperation der beiden Bauhöfe. Kosten der Beratung: rd. 50.000 EUR.
Erste Ernüchterung gab es am 25. Juni 2009. An diesem Tag wurde im Rat das rd. 80seitige Gutachten der Beratungsfirma vorgelegt. Nach dessen Ergebnis sollten die Einsparungen bei einer Zusammenlegung bis zu 165.000 EUR im Jahr betragen. Die Hälfte davon für Korschenbroich.
Dies war dem Rat seinerzeit nicht genug, zumal auch der möglicherweise notwendige Neubau eines gemeinsamen Bauhofes im Raum stand. Mit dieser Begründung wurde der Plan dann zu den Akten gelegt. Nutzen von der ganzen Planung hatten immerhin die Berater, die neben den
Beratungsgebühren heute noch auch mit den Erfahrungen aus Korschenbroich werbend durch die Lande ziehen.
In einem neuem Schwung der Begeisterung wurde – mit den Stimmen von CDU, SPD und Grünen –ein Neubau auf der Fuggerstraße beschlossen. Begründung jetzt war die überraschend marode Halle und daneben natürlich der geplante Bau des Seniorenwohnheims an der Friedrich-Ebert Straße. Geplante Kosten: Gut 3 Mio EUR.
Auch diese Begeisterung ist schnell verflogen. Schon wenige Monate später, im Juli 2012, wurde die
vollständige Auslagerung des Betriebshofes an die Fuggerstraße zu den Akten gelegt. Grund: das Grundstück ist zu klein, der geplante Zukauf des Nachbargrundstücks scheiterte an der hohen Kaufpreisforderung des Verkäufers. Damit hätten wir wenigstens auch schon einen Schuldigen.
Was nun? Würde das Grundstück an der Fuggerstraße trotzdem genutzt, laufen die Kosten aus dem Ruder.
Andere Standorte in einigermaßen zentraler Lage drängen sich auch nicht auf, da würde man schon in den entlegeneren Ecken des Stadtgebietes suchen müssen.
Dann stellt sich natürlich die Frage, warum man die Kooperation mit Kaarst so schnell abgelehnt hat – so weit ist es nach Vorst letztlich auch nicht.
Wir haben vorgeschlagen, die Verwaltungsteile der Eigenbetriebe auf Dauer in der Hindenburgstraße 56 unterzubringen, was etwa 500.000 EUR sparen würde. Schön ist dies nicht, denn so werden Betrieb und Verwaltung räumlich getrennt. Andererseits: so ist es heute auch schon und wir würden immerhin zwanglos Nr. 7 meiner Aufzählung zu Beginn erreichen, nämlich die Rückkehr zum altbewährten System.
Blieben noch die von mir übersprungenen verbliebenen Punkte 5 und 6 „Bestrafung eines Unschuldigen und
Auszeichnung eines Nichtbeteiligten“. Hier möchte ich dem Herrn Bürgermeister keinen Vorschlag machen, es drängt sich aber auf, im Zweifel bei den verschiedenen Ratsfraktionen fündig zu werden.
Wir werden erleben, wie es hier weitergeht. Für uns kann ich jedenfalls unsere Aussage aus der Haushaltsrede 2012 wiederholen:
„Der Verwaltung muss von vorneherein klar sein, dass es nicht mehr Geld gibt. Wenn das Projekt an einer Stelle teurer wird, muss an anderer Stelle desselben Projektes eingespart werden. Ich kann natürlich hier nur für meine Fraktion sprechen, aber zumindest wir sagen schon heute: Einer nachträglichen Aufstockung der Haushaltsansätze für dieses Projekt werden wir nicht zustimmen. Außerdem werden wir die Verwaltung an ihrer Zusage messen, die leerzuziehenden Verwaltungsgebäude rechtzeitig wirtschaftlich zu verwerten, damit der Stadt an dieser Stelle kein zusätzlicher Aufwand entsteht.“
An dieser Aussage hat sich nichts geändert und es wird sich auch nichts ändern!
Meine Damen und Herren,
Begeisterung gab es vor gut drei Jahren auch an anderer Stelle:
Im September 2010 wurden im Rat die Weichen für die Gründung der Stadtwerke in Korschenbroich gestellt.
Nachdem der Rat der Gründung am 27. März 2012 zugestimmt hatte, wurde Ende April 2012 dann der Konzessionsvertrag zur Gründung der Stadtwerke abgeschlossen.
Die durchaus ehrenwerten Ziele der Gründung waren – ich verkürze hier etwas-:
– Zusätzliche Einnahmen für die Stadt
– Schaffung lokaler Arbeitsplätze
– Einfluss auf die Energieerzeugung und
– Synergiepotentiale im Bereich Infrastruktur
In der Pressemitteilung der Stadt vom 14. Juni 2012 konnte man lesen, dass die Wirtschaftlichkeit des Projektes nochmals geprüft und bestätigt worden sei.
Der Start der Stadtwerke war für den 1. Januar 2013 vorgesehen.
Auch hier folgte die Ernüchterung relativ schnell.
Im Februar 2012 wurde mitgeteilt, dass sich die Stadtwerke-Gründung aufgrund fehlender Daten um drei bis vier Monate verschiebe.
Immerhin aber liege eine Auskunft des Finanzamtes zum steuerlichen Querverbund vor und diese sei positiv ausgefallen. Man hoffe, auf diese Weise die jährlichen Defizite des Hallenbades von rund 500.000 EUR deutlich reduzieren zu können.
Im Juni desselben Jahres wurde es auf jeden Fall erst mal teurer: Der Rat sollte zusätzliche 75.000 EUR bewilligen, um durch die beteiligten externen Berater weitere Fragen klären zu lassen.
Gegenstand der weiteren Beratung waren so wesentliche Fragen wie
– die abschließende Betrachtung der Wirtschaftlichkeit
– der steuerliche Querverbund und
– die Einbringungswerte für die Stromnetze
Die Frage der Einbringungswerte der Stromnetze – oder einfacher ausgedrückt: Zu welchem Preis kaufen die neuen Stadtwerke die Stromnetze von NEW bzw. RWE – war eine Frage, die auch schon im Anfang 2012 als Problem allen Beteiligten bekannt war. Viele Stadtwerke-Gründungen endeten auch aus genau diesem Grund letztlich vor Gericht, da eine Einigung über den Kaufpreis nicht zu erzielen war.
Der Kaufpreis ist – auch das war allen Beteiligten klar – entscheidend für die Wirtschaftlichkeit des ganzen Projektes. Ist der Kaufpreis zu hoch, wird die ohnehin nur schmale Rendite völlig aufgefressen und das Projekt rechnet sich nicht mehr. Bei solch schwierigen Verhandlungen ist es von Vorteil, wenn man starke Argumente in der Hand hält.
Ihr größtes Pfund – die Konzessionen – hat die Stadt jedoch schon zu einem frühen Zeitpunkt aus der Hand gegeben.
Vorerst letzter Akt dann vor zwei Wochen im Hauptausschuss. CDU und SPD wollten die im Haushalt veranschlagten knapp 2,5 Mio. EUR für die Beteiligung an den Stadtwerken sperren lassen.
Jetzt erschließt sich der Sinn eines solchen Vorschlages nicht sofort. Denn ist man der Meinung, dass die Beteiligung an den Stadtwerken sinnvoll ist und sich rechnet, dann braucht man die Mittel nicht zu sperren.
Ist man dagegen der Auffassung, dass das Projekt gescheitert ist, dann kann man die Mittel auch gleich streichen.
Sei es wie es ist. Über diese Frage werden wir heute noch im nichtöffentlichen Teil der Sitzung sprechen.
Jedenfalls schließt sich hier der Kreis wieder: Die siebte und letzte der Anfangs aufgezählten Projektphasen hieß „Rückkehr zum altbewährten System“.
Und genauso, meine Damen und Herren, wird es hier auch sein. Eine Beteiligung an den Stadtwerken wird es nicht geben und alles wird sein wie zuvor.
Die Aktive wird dem Haushaltsplan und dem Stellen- und Organisationsplan nicht zustimmen.