Es ist guter Brauch, dass zum Beschluss des Haushaltes die Fraktionsvorsitzenden eine Rede halten.
Die Rede unseres Fraktionsvorsitzenden H.L. Endell lesen Sie hier.
Fazit: Wir lehnen den Haushalt, den Haushaltssanierungsplan und den Stellen- und Organisationsplan 2019 ab.
Rede zum Haushalt 2019 der Stadt Korschenbroich im Rat der Stadt am 29. November 2018
– es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Gäste,
sehr geehrte Damen und Herren,
nichts ist älter als die Zeitung von gestern. Eine bekannte Binsenweisheit.
Logischer Schluss: Nichts ist aktueller als die Zeitung von morgen. Besser von übermorgen.
Schauen wir doch einfach mal in die Rheinische-Post vom 29. November 2023.
Dort steht im Lokalteil Korschenbroich: Deutsche Umwelthilfe gewinnt Rechtsstreit gegen Stadt Korschenbroich – Korschenbroich muss Energieverbrauch der städtischen Gebäude um 20 Prozent senken, ansonsten müssen die Gebäude geschlossen werden.
Ich gebe zu, dies ist ziemlich weit hergeholt. Und zu Recht fragen Sie, was denn die Deutsche Umwelthilfe mit dem Haushalt der Stadt Korschenbroich zu tun hat.
Mal sehen, ob es wirklich so weit hergeholt ist. Aktuell zieht die Deutsche Umwelthilfe mit zahllosen Klagen gegen Städte durch die Lande. Ziel dieser Klagen ist eine Verbesserung der Luftqualität in den Städten durch Fahrverbote für bestimmte Fahrzeuge.
Nach Auffassung der Deutschen Umwelthilfe stellt die Energieeffizienz eine zentrale Rolle für eine erfolgreiche Energiewende dar und dabei komme dem Gebäudesektor aufgrund der Tatsache, dass er für etwa ein Drittel der CO2-Emissionen verantwortlich ist, eine besondere Bedeutung zu.
Gleichzeitig räumt die Deutsche Umwelthilfe aber auch ein, dass ein klimaneutraler Gebäudebestand in Deutschland nicht kostenneutral zu erreichen sei.
Nach dem Willen der Bundesregierung sollen in Deutschland, um die eigenen und die europäischen Klimaziele zu erreichen, nur noch Gebäude gebaut werden, die möglichst energieeffizient sind – gut gedämmt, mit neuen klimafreundlichen Heizungen versehen und mit intelligenten Stromzählern ausgestattet.
Das kostet. Allein die Verschärfung der Energie-Einsparungsverordnung zum 1. Januar 2016 hat das Bauen in Deutschland um etwa 7,3 % verteuert. Nimmt man auch andere Faktoren – neben den gestiegenen Umweltauflagen – hinzu und schaut sich einen längeren Zeitraum an, dann kostet ein Neubau heute im Schnitt 40 % als noch im Jahr 2000.
Fakt ist: Bauen ist teurer geworden und zwar deutlich. Auch in Korschenbroich haben wir dies in den letzten Monaten überdeutlich gesehen.
Juli 2017: Die Kita-Erweiterung in Herrenshoff wird um 78.000 EUR teurer.
März 2018: Die Baumaßnahme Sportplatz Korschenbroich liegt um 165.000 EUR über dem Ansatz.
Mai 2018: Die Erweiterung der Kita Schulstraße verteuert sich um 110.000 EUR.
September 2018: Der Neubau des Feuerwehrgerätehauses in Kleinenbroich liegt fast 700.000 EUR über dem Plan.
September 2018: Die Erweiterung der Kita Josef-Thory-Straße verteuert sich um 350.000 EUR.
September 2018: Schließlich als vorläufiger Endpunkt das Hallenbad in Korschenbroich. Hier wird die „energetische Optimierung“ um 110.000 EUR teurer als geplant.
In der Summe sind dies schlanke 1,5 Mio. EUR.
Natürlich liefert die Stadtverwaltung für jede der Kostensteigerungen eine entsprechende Begründung mit. Die Quantität und die Qualität dieser Begründungen ist – ich will es mal so ausdrücken – schwankend.
Teilweise sind die Kostensteigerungen sehr umfangreich und gut nachvollziehbar begründet – so beispielsweise beim Hallenbad und bei der Erweiterung des Kindergartens Josef-Thory-Straße.
Auf der anderen Seite gibt es auch unbefriedigende Begründungen.
Zwei Beispiele: Die Kostensteigerung für das Feuerwehrgerätehaus, immerhin knapp 700.000 EUR wurde mit dem schlichten Satz begründet: (Zitat)
„Die Kostensteigerung resultiert einerseits auf die gute Konjunktur und der damit verbundenen enorm gestiegenen Bau- und Materialpreise“
Oder beim Kindergarten in Herrenshoff:
„Aufgrund des enormen Zeitdrucks, von der Idee bis zur Umsetzung der Anbauten, konnten im Vorfeld nicht alle Faktoren in der notwendigen und erforderlichen Tiefe betrachtet werden.
Das mag so sein. Ist aber keine zufriedenstellende Antwort.
Grob gesagt, gib es zwei Kostentreibergruppen:
Zum einen: Der tatsächliche Bau weicht vom dem ursprünglichen Plan ab. Dies kann unterschiedliche Ursachen haben, von mangelhafter Planung über nicht hinreichende Ermittlung des Zustandes des umzubauenden Gebäudes bis zu überbordenden neuen Ausstattungswünschen im Verlauf des Bauvorhabens. Nicht zu vergessen, dass es beim Bauen im Bestand immer mal Überraschungen geben kann, wenn man Wände oder Böden ein- oder aufreißt.
Zum anderen treibt der Bauboom die Preise. Die Baupreise sind in den letzten Jahren doppelt so schnell gestiegen wie andere Verbraucherpreise. Allein gegenüber dem letzten Jahr sind die Baupreise um mehr als 4 % gestiegen. Und das bundesweit.
Von dem Anstieg sind nahezu alle Gewerke betroffen. Besonders stark verteuerten sich die groben Vorarbeiten und der Rohbau. Erdarbeiten verteuerten sich beispielsweise in den letzten 12 Monaten um 6 %, Betonarbeiten um 5,1 %.
Das angesichts des jahrelangen Baubooms die Preise steigen, ist nicht überraschend. Allerdings gibt es auch Sondereffekte, die uns als Auftraggeber besonders treffen. Nicht nur in Korschenbroich, sondern bundesweit ist es mittlerweile so, dass die Preisvorstellungen der Auftraggeber und die tatsächlich aufgerufenen Preise der ausführenden Firmen inzwischen auseinanderklaffen. Diese Lücke beträgt mittlerweile nach einschlägigen Erhebungen etwa 20 % und mehr. Auch sind Generalunternehmer heute – anders als in der Vergangenheit – nicht mehr bereit, Kostenrisiken auf eigene Rechnung zu übernehmen. Heute können Sie es sich leisten, von vorneherein einen höheren Preis zu verlangen.
Dazu kommen noch andere Faktoren. So ist die Komplexität der technischen Anlagen in Gebäuden enorm gestiegen. Wo es beispielsweise früher eine einfache Lüftung gab, ist heute eine Wärmerückgewinnungsanlage installiert.
Schließlich und endlich gibt auch der Gesetzgeber und die Verwaltung selbst ihr Scherflein dazu. Wir haben die Energieeinsparverordnung, Anforderungen für Stellplätze und Garagen, langwierige Genehmigungsverfahren sowie umfangreiche Normen und Standards. Die Zahl der Bauvorschriften- zum Beispiel für Lärm- und Brandschutz und zur Barrierefreiheit – hat sich seit dem Jahr 1990 auf rd. 20.000 vervierfacht. Eine Wissenschaft für sich.
Nur: Was tun?
Was macht die große Politik? Sie wissen es alle: Sie gründet bzw. gründete einen Arbeitskreis. Hier in der Form der Baukostensenkungskommission des Bundes.
Gute Ideen gibt es genug.
Vorschlag 1: Hohe Flächeneffizienz das heißt kompakte Baukörper mit wenig Verkehrsflächen
Vorschlag 2: Kostengünstige Planung das heißt Architekten und Planer sollen kostengünstige Bauweisen vorschlagen.
Vorschlag 3: Modularisierte und standardisierte Bauweisen
Vorschlag 4: Verbesserung von Planung und Prozeßqualität
Vorschlag 5: Vereinfachung des Bauordnungsrechts,
Und schließlich Vorschlag 6: Das Volumen und die Taktzeit der Erneuerung von Normen muss eingeschränkt werden. Auf gut deutsch: Nicht mehr alle 3 Jahre ein neues Gesetz.
Meine Damen und Herren:
Das sind gute Ideen, sicher. Nur was hilft uns dies in Korschenbroich?
Fangen wir mal hinten an. Das Baurecht und die einschlägigen Normen und Standards sollen verschlankt werden. Da ist bislang wenig passiert. Ganz im Gegenteil: Die Landesregierungen – auch die in Nordrhein-Westfalen – bestehen auf ihren eigenen Regeln. Die beiden Punkte können wir also abhaken.
Die anderen Punkte kann man eigentlich zusammenfassen. Standardisierte Bauweisen, hohe Flächeneffizienz, kostengünstige Planung usw. zielen alle in dieselbe Richtung: Der Planer bzw. Architekt soll gut und kostengünstig planen.
Die Stadt Aachen hat dies für ihre Kindergärten versucht und hat die Ergebnisse in einer umfangreichen Dokumentation zusammengefasst.
Eine Wiedergabe der Ergebnisse erspare ich Ihnen an dieser Stelle. Sie werden nicht überrascht sein, wenn ich Ihnen sage, dass die Ergebnisse sehr überschaubar waren, was zum Teil aber auch daran lag, dass das Gebäudemanagement Aachen wie viele Verwaltungen dazu neigt, viele Vorschläge entweder als undurchführbar oder als in Aachen schon umgesetzt zu betrachten.
Dann werden wir uns wohl selber helfen müssen. In den Haushaltsberatungen haben wir vorgeschlagen, so wie schon in der Vergangenheit beim Umbau des Gebäudeteils A – die Kosten zu deckeln. Mehrausgaben an der einen Stelle sollten durch Einsparungen an anderer Stelle des Gebäudes ausgeglichen werden. Dies war leider nicht mehrheitsfähig. Immerhin konnte man sich dazu aufraffen, künftig in regelmäßigen Abständen über die Kostenentwicklung bei den Baumaßnahmen zu berichten.
Der einfachste Vorschlag wäre aber Folgendes: Wir bauen einfach nur noch das, was wir wirklich brauchen. Mehr kann man nicht einsparen.
Beispiel: Der geplante Ausbau der ehemals an die Post vermieteten Räume an der Sebastianusstraße. Kostenpunkt: 530.000 EUR Baukosten plus 130.000 EUR für Planung.
Obwohl die Raumsituation zumindest ein Anlass für die Organisationsuntersuchung der Stadtverwaltung ist, fehlt leider in den bislang präsentierten Ergebnissen jede Aussage zu den Raumbedarfen.
Begründung der Verwaltung: Erst wenn über die künftige Organisation entschieden sei, könne auch der Raumbedarf konkret festgelegt werden.
Auf den ersten Blick ist diese Aussage schlüssig, auf den zweiten nicht. Warum braucht eine Verwaltung bei einer gleichbleibenden Zahl von Mitarbeitern mehr Platz? Sollte nicht der Raumbedarf in Zeiten der Digitalisierung sogar sinken? Welche Auswirkungen hat der verstärkte Einsatz von Telearbeit und Home-office? Können sich Teilzeitkräfte nicht einen Arbeitsplatz teilen?
Alles Fragen, auf die es bislang keine Antwort gibt. Sicher ist jedenfalls: Einfacher als hier können wir 530.000 EUR bei den Baukosten nicht sparen.
Dies so weit. Einen kleinen Schwenk zur „unvermeidlichen“ Erhöhung der Grundsteuer muss ich aber dann doch noch machen.
Wir haben es vom Bürgermeister im Rahmen seiner Rede zum Haushalt und in ähnlicher Form von CDU und SPD gehört. Die 1,3 Mio. EUR aus der Steuererhöhung seien zum Haushaltsausgleich zwingend notwendig. Wer etwas Anderes wolle (damit war wohl die Opposition gemeint) müsse konkret vorschlagen, wo dieses Geld im Haushalt eingespart werden soll. Im gleichen Atemzug wurde dann ausgeführt, dass man selbst keine weiteren Einsparmöglichkeiten sehe, weil man Korschenbroich so erhalten wolle wie es ist und so weiter…
Jetzt stelle man sich vor, Korschenbroich wäre ein Unternehmen. Der Stadtrat wäre der Aufsichtsrat und der Bürgermeister der Vorstandsvorsitzende (neu-deutsch: CEO). Der Aufsichtsrat sagt dem Vorstand: „Bitte lieber Vorstand, sieh mal zu, dass unser Unternehmen im nächsten Jahr nicht wieder Verlust macht.“ Und der Vorstandsvorsitzende antwortet: „Ich kann nicht mehr sparen, Du lieber Aufsichtsrat, musst mir Vorschläge machen.“
Was würde der Aufsichtsrat in unserem fiktiven Unternehmen wohl machen.
Auch diese Antwort wissen Sie selbst. Der Wähler hat in knapp zwei Jahren die Gelegenheit, dies auch umzusetzen.
Die Aktive lehnt den Haushalt 2019 ab.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!