– es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Gäste,
sehr geehrte Damen und Herren,
„Sag mir wo die Blumen sind, wo sind sie geblieben…“,
diesen Liedtext von Marlene Dietrich wird man in Korschenbroich etwas umformulieren, der Text lautet dann in etwa so:
Sag mir wo die Millionen sind, wo sind sie geblieben…
Eine gute Frage.
Eins ist sicher: Sie sind weg.
Dies beantwortet die Frage aber nicht vollständig.
Zumindest die Antworten von SPD und CDU haben wir eben gehört. Die Millionen sind ausschließlich zum Besten der Stadt und ihrer Bürger ausgegeben worden. Mehr Sparen geht auf keinen Fall, ansonsten würde wird die Stadt kaputtgespart. Alternativen zur Steuererhöhung gebe es nicht, da alle Möglichkeiten zur Ausgabenreduzierung intensiv erwogen worden sei-en, aber im Ergebnis verworfen werden mussten. Außerdem sei es – so zumindest der bei mir entstandene Eindruck – sowieso primär Aufgabe der Opposition, Einsparvorschläge zu machen.
Unvermeidbar, sogar alternativlos seien die von CDU und SPD vorgeschlagenen Steuererhö-hungen. Sogar so alternativlos, dass CDU und SPD direkt davon abgesehen haben, konkrete Einsparvorschläge zu machen. Und dies nicht zum ersten Mal. Schauen wir doch mal kurz in die letzte Wahlperiode zurück, wobei ich mich auf die finanziell wesentlichen Vorschläge beschränke:
Zum Haushalt 2010 hatten CDU und SPD neben einigen kleineren Prüfberichten einen Prüfbericht zum Stellenhaushalt (darin auch zu den Reinigungskräften, zu einem Hausmeisterpool), einen Prüfauftrag zur Gebäudenutzung und zur Veräußerung freiwerdender Gebäude/Flächen.
Konkrete Einsparvorschläge Fehlanzeige.
Große Einsparbemühungen musste man wohl auch nicht machen, denn man beschloss gleichzeitig die Erhöhung der Grundsteuer.
Der Haushalt 2011 war für CDU und SPD ein recht aktives Jahr. Dies bot sich auch an, denn man befand sich am Anfang der Wahlperiode und die Steuern waren auch gerade erst erhöht worden.
So wurde ein Nutzungskonzept für die städtischen Gebäude für den Fall des Umzuges der Verwaltung für Umzug in A-Gebäude angefordert und der Zuschussbedarf für Kultur und Naturschutz wurde zwar nicht abgesenkt aber doch auf einen Betrag festgeschrieben.
Es gab sogar echte Einsparungen: Gestrichen wurden das Kleinspielfeld in Kleinenbroich und der Ausbau der Novalisstraße.
Wobei: Bevor jetzt Jubel aufkommt. Der Ausbau der Straße ist für 2016 wieder in der Finanzplanung enthalten.
Im Jahr 2012 war diese neue Energie schon wieder verpufft. Man konnte sich immerhin zu einem Prüfauftrag „Wiedereingliederung Stadtpflege“ zu einer Prüfung des Zuschussbedarfes des Hallenbades und der Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED aufraffen.
Konkrete Einsparvorschläge wieder Fehlanzeige.
2013 ging es noch weiter bergab, hier gab es nur noch einen Bericht zu Energieeinsparungen in der Verwaltung.
Konkrete Einsparvorschläge – Sie ahnen es schon – Fehlanzeige.
2014 schließlich – Sie haben es erlebt, ein paar halbherzige Prüfaufträge.
Konkrete Einsparvorschläge Fehlanzeige.
Erfreulich immerhin, das unserem Antrag auf Verkauf der Alten Sparkasse Hindenburgstr. 56 einstimmig zugestimmt wurde. Hoffentlich bleibt diese Einigkeit bestehen.
Aber – wir erinnern uns an das Jahr 2010 – mehr Einsparvorschläge waren auch nicht notwendig, denn die Lösung steht parat: Steuererhöhung. Immer gerne genommen von der Politik. Meistens in den Jahren direkt nach einer Wahl, nimmt sie der jeweiligen Regierung (ich will es mal so hier bezeichnen) den Druck, lästige oder gar unbeliebte Einsparvorschläge zu formulieren.
Immerhin begründen CDU und SPD ihre Entscheidung für die Steuererhöhung. Zur Vermeidung von Wiederholungen fasse ich mal zusammen: Wir können nichts einsparen, weil wir nichts einsparen wollen. Bis zur letzten Verwaltungsnebenstelle ist alles unverzichtbar.
Dabei erschreckt mich auch weniger die Argumentation an sich als vielmehr die Leichtigkeit mit der solche Argumente vorgebracht werden. Wenige Minuten vorher hatten dieselben Ratsvertreter in den Haushaltsberatungen noch einer ergebnisoffenen Überprüfung des gesam-ten Grund- und Gebäudeeigentums zugestimmt. Und dieselben Ratsvertreter schicken sich nun an, im kommenden Jahr Bürgermeister zu werden.
Um es mit einem Filmzitat auszudrücken: Da wird mir angst und bibberbange. (Maurice)
Aber, ist es denn auch wirklich so, das alles unverzichtbar ist?
Friedrich der Große hatte schon die Aussage geprägt. „Wer alles defendieren will, defendiert Garnichts.“
Frei übersetzt: Wer an jeder kleinen Verwaltungsnebenstelle festhält, gefährdet am Ende des Tages auch das große Ganze.
Auch die Steuererhöhungen, die uns von Seiten der SPD und der CDU als die beste Erfindung seit Erfindung der Gelddruckmaschine angepriesen worden sind, sind nicht ohne Risiken.
Da wird behauptet, dass die Grundsteuererhöhung verschmerzbar sei, da unter anderem die Grundstückswerte gestiegen seien.
Real ist es aber so, das aufgrund der unverändert ungelösten Grundwasserproblematik viele Menschen in Korschenbroich Probleme haben, ihre Immobilie zu einem angemessenen Preis zu verkaufen. Da ist die Erhöhung der Grundsteuer keine große Hilfe.
Noch problematischer ist die Erhöhung der Gewerbesteuer, denn hier ist offen, ob die gewünschten Einnahmen langfristig überhaupt entstehen.
Dieses Problem sieht auch die CDU. Nein, nicht die Korschenbroicher CDU. Hier meine ich die Landes CDU. Aus einer Kleinen Anfrage konnte man den folgenden Satz entnehmen:
„Insbesondere in Kommunen, die von Strukturveränderungen betroffen sind, ist es kontraproduktiv, weil eine Abwärtsspirale droht, wenn keine Unternehmensansiedlungen erfolgen und zeitgleich, aufgrund der Steuerbelastungen, Unternehmen abwandern.“
Die CDU bezieht sich hier auf Aussagen der Industrie- und Handelskammern.
Auch in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die erheblichen Probleme mit der Gewerbesteuer dann entstanden sind, wenn einer der Großen Gewerbesteuerzahler in Korschenbroich aus welchen Gründen auch immer keine Gewerbesteuer gezahlt hat. Man stelle sich vor, was passiert, wenn einer der Großen Zahler die Erhöhung zum Anlass nähme, Korschenbroich zu verlassen.
Ohne jetzt die Diskussion zu sehr zu vertiefen, hier ein paar positive Beispiele für die Aus-wirkungen einer Gewerbesteuer mit Augenmaß:
Beispiel Heinsberg:
Heinsberg hat den Gewerbesteuerhebesatz bei 340 % belassen. Das Ergebnis: Die Stadt hat in der Zeit von 1997 bis 2004 einen Zuzug von neuen Gewerbebetrieben in Höhe von 88 % zu verzeichnen. Im übrigen Kreis Heinsberg waren es übrigens nur Plus 43 %.
Beispiel Grafschaft:
Grafschaft in Rheinland-Pfalz hat den Gewerbesteuerhebesatz konstant bei 330 % gehalten. Die umliegenden Kommunen aus NRW weisen dagegen deutlich höhere Gewerbesteuerhebesätze aus.
Folge: Zahlreiche Unternehmen aus NRW haben sich in Grafschaft angesiedelt, die Gewerbesteuereinnahmen sind in den letzten Jahren deutlich überdurchschnittlich angestiegen.
Beispiel Stavenhagen (M.-V.):
Die Gemeinde Stavenhagen setzt seit der Wiedervereinigung auf niedrige Hebesätze und die Ausweisung von großen Gewerbegebieten.
Folge: Die Gemeinde ist seit 2005 schuldenfrei und konnte ihre Infrastruktur sowie insbeson-dere die Leistungen für Familien verbessern.
Und noch ein Gegenbeispiel:
Beispiel Mainfranken:
Dort haben mehrere Gemeinden im Jahr 2008 ihre Gewerbesteuerhebesätze erhöht.
Folge: Die Einnahmen dieser Gemeinden aus der Gewerbesteuer haben sich in den Folgejahren deutlich verringert. Und dies vor dem Hintergrund, dass sich die Gewerbesteuereinnahmen im Jahr 2008 bundesweit um 3,5 % erhöht haben.
Ich möchte jetzt nicht behaupten, dass eine Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes automa-tisch zur Abwanderung von Gewerbetrieben führt.
Die typische Wirkungskette einer Standortverlagerung beginnt häufig nicht bei der Steuer, aber endet bei ihr. Häufig ist der Anlass für eine Standortsuche die Betriebserweiterung. Findet sich kein günstiges Grundstück in der Nähe, wird in benachbarten Gemeinden gesucht. Hier wird dann ein Gesamtpaket bewertet. Grundstückspreise, mögliche Investitionsförderungen und Genehmigungsverfahren. Fehlende Flächen für Betriebserweiterungen und Neuansiedlungen sind also der Anfang, die Steuerbelastung ist aber das Ende.
Ich komme jetzt aber schon zum Schluss:
Eines ist aber noch auffällig:
Sowohl 2010 wie auch in diesem Jahr haben CDU und SPD die Grundsteuer direkt nach der Kommunalwahl erhöht.
Und in beiden Fällen konnte man zu diesem sicherlich nicht völlig unerwarteten Ereignis in den Wahlprogrammen nichts lesen – ich habe zumindest nichts gefunden.
Aber um es mit der letzten Strophe des Anfangs zitierten Lied von Marlene Dietrich abzuschließen:
Wann wird man je verstehen,
wann wird man je verstehen?
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!